• 10.11.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Auf dem Heimweg, als die Stadt bereits in jenes feuchte Dämmerlicht sank, das dem Spätherbst eine gewisse Würde verleiht, fand er – nicht aus Zerstreutheit, sondern gleichsam als leiser Auftrag an sein fühlendes Vernunftwesen – Blumen auf dem Pflaster, einzeln, wie sorgsam hingelegt. Eine gelbe Rose zuerst: die nüchterne Freundschaft, dachte er, nicht ohne das säuerliche Aroma des Verdachts, den die Farbe im Herzen alter Geschichten führt. Dann eine Orchidee, schmal, von beinahe intellektueller Kälte; er fühlte sich gemustert und doch milde gelobt. Eine Iris lag weiter vorn, und mit ihr, wie aus dem Nichts, jenes nervöse Aufflackern des Schöpfergeistes, das ihn manchmal auf dem Heimweg überfiel. Schließlich eine Calla – reine Form, höfliche Faszination – und, wie ein Schatten am Rand der Empfindung, ein Stück Mohn, das in seiner weichen Schwärze etwas von Selbstverlorenheit versprach.

    So geführt, ließ er die belebte Straße hinter sich. Ein Haselzweig lag quer über dem Pfad: Sehnsucht, ja; die Luft roch nach nassem Holz und nach dem Zufall, der gar keiner war. Er ging weiter, und als die Stadt ganz verstummt war, stand die Hütte – nicht romantisch, vielmehr zweckmäßig, doch in einer Würde, die das Nötige mit dem Schicksal verwechselte.

    Dort wartete ein Mann, der im Halbdunkel die Ruhe einesjenigen trug, der seine Geschichten nicht eilig hat. Er bat den Ankömmling hinein, wärmte die Hände am gusseisernen Ofen und sagte ohne Prunk: Die Lotophagen. Und er erzählte – nicht schwärmerisch, sondern mit jener trockenen Humanität, die Unerhörtes erträglich macht – von Odysseus’ Männern, die den süßen Lotus kosteten, Vergessen fanden und das Heim vergaßen, ja, den Willen selbst, und wie schwer es sei, den Menschen aus der betäubenden Gnade der Gegenwart in die strenge Arbeit der Rückkehr zu heben. Der Zuhörer nickte, und während die Worte sich setzten wie Schnee, schob sich in sein Inneres die heitere Strenge einer Kornblume: Hoffnung, schlicht und blau.

    Der Mann am Ofen lächelte, griff nach einer verkratzten Mandoline und sang, ohne falsche Scham, nur die Überschrift seines Liedes, die schon alles sagte: „Blau blüht der Enzian“. Die vier Silben standen im Raum wie ein blauer Hut auf grauem Mantel; und als er „blau blüht der Enzian“ wiederholte, sah der andere tatsächlich eine alpine Klarheit vor sich, Enzian als Bewunderung, vielleicht auch als Dank, und spürte in sich eine Bewegung, die weder Eitelkeit (Hortensie) noch Verschwiegenheit (Veilchen) war, sondern das still geneigte Wissen, dass ein Mensch, der die Sprache der Blumen beherrscht, auf eigene Weise schön ist.

    Sie redeten nicht mehr viel. Das Feuer nahm die letzten Töne in sich auf; draußen stand der Wald. Als es Zeit wurde – und sie wussten beide, dass Zeit immer auch Urteil bedeutet – trat der Erzähler näher, hielt ihm eine kleine, unauffällige Edelweiß-Blüte hin. „Für die Treue“, sagte er, „für die Liebe.“ Dann, mit einem feinen, beinahe gelehrten Lächeln, drehte er die Blüte langsam kopfüber. „Und – du kennst die Regel – wenn eine Blume hängt, sagt sie das Gegenteil.“

    So war es eine Blume und doch zwei Worte: Liebe, und, im sanften Senken, Abschied. Der Heimkehrer nahm sie, als nähme er eine Aufgabe an, und ging in den Wald hinaus, leicht beschwert, mild geklärt, während hinter ihm das kleine Haus die Wärme der Erinnerung sammelte wie eine Jasminhecke ihren Duft.

    Links zur Folge:

  • 03.11.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

     

    Ich ging also in dieses spanische Restaurant, das kein spanisches Restaurant sein wollte, und doch eines war. Kaum hatte ich mich gesetzt, begann ein Mann mit einer Gitarre zu spielen – nicht Flamenco, nein, Countrylandkaffeestyle, als wolle er die Welt verwechseln, und genau das gefiel mir. Ich bestellte Pernod mit Wasser, und als er sich milchig trübte, trat das Orakel an meinen Tisch, unscheinbar wie ein Kellner mit Schicksalsneigung. „Das ist Ihr Leben“, sagte es, „klar wird es erst, wenn es sich trübt.“ Ich nickte. Im Nebel lag die Wahrheit.

    Ich wählte Aioli, weiß und grün, und das Orakel sprach: „Zwei Seiten. Rein und farbig. Du willst beides.“ Ich aß Brot und wusste, es hatte recht. Dann Hähnchen kanarischer Art – das Orakel roch daran und sagte: „Heimat und Fernweh. Du bleibst, um zu gehen.“ Und ich lachte, weil ich mich ertappt fühlte.

    Es folgten Artischocken in Sherrysoße, süß und stachelig, wie Freundschaften, die einen reizen, bis sie wärmen. „Stacheln und Süße“, sagte das Orakel. Ich nickte, trank Wasser, das nach Meer schmeckte, und sah, wie der Gitarrist einen Bluegrass-Lauf spielte, als wäre er ein Pirat auf der Prärie.

    Beim Lachs vom Grill erklärte das Orakel: „Beziehungen. Flussaufwärts. Gegen den Strom – aber ans Ziel.“ Ich schnitt den Lachs, und der Satz blieb in mir hängen. Dann Crema Catalana: Ich brach die Zuckerkruste, und das Orakel flüsterte: „Unter der harten Schale liegt die süße Wahrheit.“ Ich aß langsam, um sie zu finden.

    Zum Abschluss Kräuterschnaps. „Kräuterwissen heilt, was die Moderne kaputtgemacht hat“, sagte das Orakel, und ich glaubte ihm sofort. Schließlich bestellte ich – halb im Scherz – die Parillada de Pescado für zwei. „Die Vielfalt ist ein Versprechen“, sagte das Orakel. „Du darfst wählen, nicht müssen.“ Ich sah den Teller wie ein kleines Meer, und ich war plötzlich leicht.

    Ich zahlte. Das Orakel verschwand, wie Orakel verschwinden. Der Gitarrist stimmte ein letztes Lied an, Country, weich und falsch und wunderschön. Ich sah ihn an, er sah zurück. Ich fand ihn sexy – weil er das Falsche am richtigen Ort tat. Dann ging ich hinaus in die Nacht, die nicht dunkel war, nur groß. Und das genügte.

    Danke für das großartige Intro (und Outro), Willi Papperitz (www.whysker.de)

     

  • 01.11.2025 - 13:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Wenn schon live, dann richtig! Beim Podstock trafen sich Esel und Teddy mit Stefan und Johannes vom Podcast Luft nach oben zu einem großen Crossover – oder besser gesagt: zum ultimativen Partnertausch.

    Normalerweise duellieren sich ja Esel & Teddy mit Luft nach oben. Aber diesmal? Alle gegen alle – in jeder nur denkbaren Kombination! Doppelt! Ob Esel & Stefan, Teddy & Johannes oder das klassische Dream-Team Esel & Teddy – keine Paarung blieb ungetestet, um endlich herauszufinden, wer wirklich das beste Podcast-Gespann ist.

    Gespielt wurde natürlich nicht nur um Ruhm und Ehre: ein Schnellraten, das eher langsam war, ein Songspiel, bei dem Textsicherheit Glückssache blieb, und natürlich das legendäre Assoziationschaos, bei dem kein Gedanke da endete, wo er angefangen hatte.

    Das Publikum tobte, der Schweiß floss (vor allem bei Esel), und am Ende stand fest: Der wahre Gewinner war der größte Blödsinn.

    Wie für die großartige Powerpoint-Karaoke-Vorlage auch hier wieder ein herzliches Dankeschön an Moni und Anika für die Vorbereitung und Moderation! Ihr seid einfach die Besten!

  • 31.10.2025 - 20:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Manchmal kommt alles anders, als man klickt! Beim Podstock haben wir uns auf die große Bühne der Improvisation gewagt und in einem PowerPoint-Karaoke zu völlig fremden Folien frei drauflos präsentiert. Wir haben es zumindest versucht … Ohne Ahnung, aber mit Haltung. Ohne Vorbereitung, aber mit Power.

    Zwischen wildem Gerate, misslungenen Pointen und echten Überraschungen blieb sogar noch Zeit für ein bisschen Selbstreflexion (und gegenseitiges Fremdschämen).

    Ein riesiges Dankeschön an Moni und Anika, die alles im Geheimen vorbereitet haben!

    Die Folien sind integriert; wenn euer Podcatcher das kann, könnt ihr euch von den Folien genauso überraschen lassen wie wir.

    Hier gibt’s das Ganze auch als Video vom Podstock-Team:

  • 27.10.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Seit 18 Jahren und 800 Folgen machen wir Blödsinn – jetzt wollen wir (wieder einmal) etwas Sinnvolles tun.

    Gemeinsam mit euch möchten wir einen Wald pflanzen! Pro gespendeten 3 € wird in Nicaragua ein Baum gesetzt – so wächst mit eurer Hilfe nicht nur unsere Dankbarkeit, sondern auch ein echter Wald. Einfach nur, weil es uns und euch gibt.

    Ob ein kleiner oder ein großer Beitrag: Jeder Baum macht einen Unterschied! Und wir belohnen jede Spende zusätzlich damit, dass ihr Paten einer unserer Episoden werden könnt: Wir tragen euch in den Folgentext mit dem Spender*innennamen eurer Wahl ein.

    Hier geht’s direkt zur Aktion:
    https://spenden.twingle.de/primaklima-e-v/spa-feiern-fuer-den-wald

  • 20.10.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy
  • 13.10.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Es war ein grauer Nachmittag, das Leben sah aus, als hätte es vergessen, den Kontrastregler hochzudrehen. Esel und Teddy fuhren die Landstraße entlang, auf dem Rückweg von einem Podcastertreffen – irgendwo zwischen Kreisverkehr und Nirgendwo – auf der Suche nach einem Imbiss, der noch Vertrauen in warme Würstchen hatte.

    Da stand er plötzlich: ein kleiner, windschiefer Krämerladen. Das Schild über der Tür hing schief und trug in verblichenen Buchstaben das Wort „Morpho“. Der Schmetterling daneben war aus Metall, aber seine Flügel bewegten sich im Wind. Er sah fast lebendig aus.

    Drinnen roch es nach vergangenen Jahrzehnten. Zwischen verstaubten Regalen, in denen Bonbontüten und Batterien einander Gesellschaft leisteten, stand sie: eine große, blaue Box mit einem leuchtenden Bildschirm und einem Schlitz wie ein gieriger Mund. Darauf stand:

    „Erkenne dein Potenzial. 1 Euro.“

    „Das ist ja wie ein Glückskeks mit Stromanschluss“, murmelte Teddy und warf eine Münze ein.
    Ein Summen, ein Brummen, ein Licht – die Maschine vibrierte, als würde sie denken. Dann spuckte sie eine kleine, blaue Karte aus.
    Teddy zog sie vorsichtig hervor. Darauf stand in klaren Lettern:

    „Wanderer – Der Weg ist heute die Antwort.“

    „Passt“, sagte Teddy leise. „Ich bin ja schon unterwegs.“

    Esel nickte, drückte eine eigene Münze in den Schlitz. Wieder das Brummen, das Summen, das leise Klicken. Seine Karte roch nach Druckerwärme und Schicksal.

    „Ingenieur – Mach etwas daraus, das nur du kannst.“

    „Na super“, knurrte Esel, „ich darf was reparieren.“
    Aber noch bevor sie lachen konnten, ruckte die Maschine ein letztes Mal. Eine dritte Karte erschien, leicht zerknittert, als wäre sie nicht ganz freiwillig gekommen.
    Darauf stand nur:

    „Zwecklos, aber glücklich.“

    Teddy und Esel sahen sich an. Der Wind wehte durch die offene Tür. Der Krämerladen war still.
    Dann lachten sie – erst leise, dann laut, dann so, dass die Regale klirrten.

    Als sie wieder auf die Landstraße einbogen, war der Laden hinter ihnen verschwunden. Nur ein leerer Parkplatz blieb, und im Staub glitzerte ein Stück Papier, auf dem in blauer Tinte ein Schmetterling gezeichnet war.

  • 06.10.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Es fing, wie so oft, ganz harmlos an: „Ich wollte nur mal kurz gucken, wie unser beliebtes KI-Intro klingen würde, wenn es echte Musiker spielen.“ Zwei Klicks später war Teddy in einem YouTube-Tutorial über orchestrale Sample-Libraries gefangen und wusste: Jetzt gibt’s kein Zurück mehr.

    Tage, Nächte, Tabs. Er las sich durch Foren, in denen Leute über Instrumente diskutierten, als wären es Weinnoten. Er lernte, dass ein echtes Orchester aus 60 Menschen besteht – oder aus 40 Gigabyte Strings. Er installierte Programme, deren Namen nach Raumschiffen klingen: Kontakt, Codify, Orchestral Tools.

    Und als er dann alles verstanden hatte, kam die Erkenntnis: Für eine echte Profi-Band müsste man rund 4.000 Euro investieren.

    Aber Teddy blieb dran. Er fand eine Möglichkeit, es outzusourcen in die weite Musikerinternetgemeinschaft.

    Am Ende saß er da, umgeben von blinkenden Spuren, und sagte nur: „Ich glaube, ich hab’s.“

    Esel hörte zu, grinste – und sagte: „Klingt super, aber das alte Intro war auch gut.“

    Zum Selberbasteln
    Download der Garage-Band-Dateien

    Akkorde und Text
    Ein Cast ein Pod
    Gesprochen wird hier flott
    Esel M. und Teddy K.
    Sind jetzt wieder da

    Ein Pod ein Cast
    Gesprochen wird hier fast
    (Nur über Sinnvolles)
    Esel und Teddy
    Es gibt auch schlechtere

    | A | A | F#m | F#m | D | D | E |
    | A | A | E   | E   | D | E | A |
    | D | D | D   | A   | D | E | A |
    → A

  • 29.09.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Hallo Leuts, ihr quakenden Frösche im Community-Teich, ihr Rülps-Orchester, ihr bekloppten Mitspieler:innen. Ihr seid so was wie die Luftpolsterfolie um unsere Hirne – man kann draufdrücken, es macht plopp, und sofort ist die Welt ein bisschen besser.

    Wir mögen euch wie Toastscheiben ihren Toaster, wir brauchen euch wie Knetgummi die Hände. Ihr haltet zu uns wie Parteien zu ihren Präsidenten.

    Ohne euch wären wir nur zwei Mikrofone, die ins Leere quatschen und sich selbst zuhören. Mit euch sind wir eine Signal-Symphonie, eine Art Impro-Dada-Karneval, ein Chaos mit Herz.

    Rülps, Lacher, Zwischenruf.
    Esel, Teddy, Publikum.
    Eins, zwei, drei – Chaos!

    Wir, wir zusammen sind Liebe, wir sind Lärm, wir sind Blödsinn, wir sind ihr.

    Es gibt keine bessere Community.

  • 22.09.2025 - 00:00 - Quelle: Esel und Teddy

    Zwei Freunde schlenderten an einem sonnigen Nachmittag durch den Park von Schloss Augustusburg in Brühl. Sie hatten nichts weiter vor, außer sich zu unterhalten – über Gott, die Welt und die Möglichkeit, ob man nicht aus einem Stück Fenchel ein überzeugendes Foley-Geräusch für ein knackendes Bein machen könne.

    Sie lachten, sprachen über Hochzeitsfotografie, die sie am Schlosstor beobachtet hatten, und über die strenge Symmetrie der Gartenanlagen. Einer schwärmte noch vom Max Ernst Museum, der andere murmelte etwas über Leverkusen, das heute sicher wieder verlieren würde.

    Es war ein improvisierter Outdoor-Podcast, bei dem sie sich selbst vergaßen, während sie den Kieswegen folgten. Immer tiefer zogen die Bäume sie in ihren Schatten, bis kein Geräusch mehr von draußen drang.

    „Vielleicht sollten wir zum Jagdschloss Falkenlust abbiegen?“, schlug einer vor. Doch der andere war sicher, den Weg zur Eselsallee zu kennen.

    Sie bogen ab, dann noch einmal, immer weiter hinein, und plötzlich wirkte der Park fremd. Die Alleen wiederholten sich, die Hecken wurden zu Wänden, die Sichtachsen schienen sie absichtlich in die Irre zu führen.

    Ein letztes Mal hörte man ihr Gespräch – ein Scherz über Asia-Restaurants mit immer gleichen Karten – dann verlor sich das Echo im Laub.

    Niemand sah sie je wieder. Man sagt, wenn man in Brühl bei Dämmerung durch den Schlosspark geht, hört man manchmal ein Knistern, wie brechende Knochen aus Fenchel, und zwei Stimmen, die in einem endlosen Podcast über Wege sprechen, die nirgendwohin führen.